Mittwoch, 23. September 2009

Erledigt in Alexandria und Bukarest

Bei einer netten Bauernfamilie wachte ich auf und konnte endlich mal ins Internet, naja, ich entschied mich wieder um und beschloss direkt ans schwarze Meer zu fahren und dort meinen Geburtstag zu verbringen. Aber wie ueblich, kaum fasst man einen konkreten Plan und gibt sich Zeitdruck, klappt nix mehr.
50 Kilometer vor Bukarest war wieder das Presslufthammerartige "Klopfen" aus dem Motor zu hoeren, das die letzten Tage bereits zwei Mal aufgetreten war und zum ersten Mal zu hoeren war, als ich gerade Mainz verliess. Ich hielt das fuer die Kette, die am Motor schleift, wenn die Maschine nicht mehr laeuft. (Durch die verbogene Motoraufhaengung stimmt die Kettenspannung nicht mehr)
Diesmal ging aber nichts mehr, selbst nachdem ich gewartet hatte, bis der Motor abgekuehlt war. Frustriert schob ich die Maschine an den Strassenrand. Ein aelterer Mann hatte mich beobachtet und fing gleich an den Vergaser auszupusten und die Zuendkerze zu schrubben. Er hatte selbst drei Simsons gehabt.
Doch das brachte nix. Die Zuendkontakte blieben als einziges uebrig. Klar die hatte ich noch nie nachgestellt. Eigentlich eine leichte Sache, aber beim Duo so bloed zu erreichen, dass man sich voellig verrenken muss. Ich lag also in Huehnerdreck und Bier (hab ne Dose versehentlich zerquetscht), fummelte mit Fuehllehre und Tschenlampe rum, um mich rum eine Horde Kinder, die sich ueber meine mangelhaften Rumaenischkenntnisse kaputtlachten, die Polizei war auch schon da und es wurd dunkel. Da kam ein verrueckterr Mechaniker vorbei. Doch der wechselte auch nur hektisch eine Zuendkerze nach der anderen und die Kinder sprangen abwechselnd auf den Kickstarter. Der alte Mann, der mir zuerst geholfen hatte, sah meine Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation und nach vielem wilden Geschrei, zog der Mechaniker und die Kinderhorde ab.
Ich schob mein Moped in den Hof und bekam ein Bett fuer die Nacht.
Am naechsten Morgen wurde ich von Feuerknistern geweckt. Wird schon alles seine Ordnung haben dachte ich und tatsaechlich, es war nur das Ehepaar beim Palinka (Pflaumenschnaps) brennen. So sah ich endlich mal wie das gute Stoeffchen hergestellt wird (Foto).

Auch das Wechseln der Zuendkontakte brachte nix und auch der Versuch das Duo zum Laufen zu bringen indem man es mit dem Traktor surch den Ort zieht war leider sinnlos, wenn auch aufregend. Mein Gastgeber meinte, dass wohl der Kolben kaputt sei und tatsaechlichm voellig ruiniert, der Kolben hatte oben regelrechte Loecher und die Kolbenringe fielen mir entgegen. Also Kolben und Zylinder eingepackt und auf nach Bukarest. Per Anhalter fahren ist hier eigentlich kein Problem, aber da ich voellig oelverschmiert, unrasiert und verbabscht war, nahm mich niemand mit. Also Autobus.

Im Bus schlug dann der Palinka ein, ich hatte gut einen Viertelliter, halb vor, halb nach dem Fruestueck getrunken und ich schlief ein. Kurz vor Bukarest schreckt ich schweissgebadet hoch und sah ein Schild Autoservice und eine Strassennamen der derjenige sein konnte, der auf meinem Zettel stand. Mein Gastgeber hatte mir einen Meschanker namends Michu empfohlen, der mir vielleicht helfen koennte und den , sowie meine benoetigten Teile auf einen Zettel geschrieben. Doch der Bus hielt nicht an und ich musste mir im Zentrum ein Taxi nehmen. Das fuhr mich zweihundert Meter und warf mich vor irgeneiner Werkstatt raus. Einen Michu kannte hier keiner. Ich ging also die sehr, sehr lange Strasse entlang und fragte ueberall nach autoservice und Micha, aber keiner wusste es. Eine Frau meinte, ich muesste ganz weit laufen, da koennte es sein. Jaja, ich kann mir ungefaehr denken wo das ist, zwei Kilometer vor der Stadt, was ich vom Bus aus gesehn hab, dachte ich.

Das war dann so ungefahr der Tiefpunkt. In einer riesigen Stadt samstags einen Mechankier namends Micha finden, knapp 40 Euro in der Tasche, die wohl kaum reichen wuerden und keine Aussicht vor Mittwoch mehr Geld auf der Bank zu haben (Jaja, hundertfach abgesichert, das bringts). Ausserdem hatte ich Durchfall, keine Zigaretten und Durst.

So langsam lernst du also die Realitaet kennen. Wie willst du dir diesmal die Situation schoenreden, fragte ich mich. Wahrscheinlich verbringst du die naechsten Tage vergeblich hier in der Stadt, bezahlst dann deine Hotelrechnung und faehrst mit dem Zug nach Hause, weil dein Geld alle ist. Gut dann bist du wenigstens frueher zuhause bei der Frau, die dich liebt. Also, vielleicht liebt. Na, also: geht doch.

Waehrend ich also die immer abgefuckter werdende Strasse entlangging, Saft trank und Zigaretten rauchte stellte ich fest, dass mein verdrecktes Aeusseres auch seine Vorteile hat. Den fuer einen veriirten Touristen hielt mich niemand. Vielleicht etwas overdressed, den die Leute gingen mir aus dem Weg und beaeugten mich aengstlich.

Schliesslich erreichte ich das Ende der Strasse ohne den Punkt zu erreichen den der Bus passiert hatte. Ganz am Ende war eine Autowerkstatt, aber auch hier gabs keinen Micha. Naja, das Wort Simson hatte wenigstens schonmal einer gehoert. Ich stand etwas ratlos herum, dann versuchte ich es nochmal indem ich meine Zylinder rumzeigte. Das half: "Nu Micha, Michu!". Einer schrieb mir einen Strassennamen auf. Ich sollte wieder zurueck gehen und dann "left,left", wobei er immer nach rechts zeigte. Nungut, ich fand schliesslich eine Strasse deren Name zumindest die gleichen Konsonanten, wie die aufgeschriebe hatte. Dort fand ich schliesslich das Haus in dem Michu wohnen sollte, wurde aber gleich wieder von einer schreienden Frau mit langen Zotteln, Che Guevara - Kappe, ohne Zaehne aber der groessten Axt die ich je in der Hand einer Frau gesehen hatte, verjagt.

Zuguterletzt fand ich dann doch Michu, keine Ahnung ob es der war, den mir mein Gastgeber empfohlen hatte, aber er fuehrte mich in einen Raum voller Zylinder und Kolben. Hier war ich richtig.

Der Sohn des Mechankiekers, heizte mit nem BMW zurueck auf den Bauernhof, holte meinen Motor, in der Werkstatt wurde er von den Metallstuecken, die darin waren, befreit , ausgeschliffen und ein neuer Kolben verbaut. Ich bekam zu Essen, Wein und einen Ersatzkolben und wurde zurueck gefahren. Geld wollte er uebrigens nicht haben.
Abends erzaelte ich dem Ehepaar meine Geschichte und soweit ich das verstand, sagte der Mann zur Frau: "Der kann kaum Rumaenisch und faehrt mit nem Zettel auf dem Michu steht nach Bukarest, kommt nach ein paar Stunden zurueck mit nem reparierten Motor und hat keinen Pfennig bezahlt." Dann lachten die beiden Alten noch eine Weile, bevor sie schlafen gingen.






2 Kommentare:

  1. Ein ganz wunderbarer Eintrag!

    Hochachtungsvoll
    A*

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  2. Dank deiner neuen (höchst amüsanten) Blog-Einträge wurde mein Büro-Frühstück heute zu einem wirklichen Vergnügen. Vielen Dank dafür. Ich bin aber auch beruhigt, dass bei dir alles i.O. ist. Weitermachen!

    holger

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